Gibt es das perfekte Weihnachten?

Heidekreis. Wir sitzen alle beieinander, alles ist rundum harmonisch, alle Familienmitglieder sind entspannt und glücklich, es „passt" einfach alles: Stimmung, Essen, Musik, Tannenbaum, Geschenke. Wer von uns wünscht sich nicht genau so ein Weihnachten? Oft ist es aber anders...

Dr. med. Florian Gal, Chefarzt der Psychiatrie und Psychotherapie am Heidekreis-Klinikum: „Für viele Menschen ist die Weihnachtszeit die schönste Zeit des Jahres und sie freuen sich auf die Feiertage." Und mit dem Warten – und dem Vorbereiten – auf Weihnachten, steigt die Vorfreude. Dr. Gal: „Es werden Plätzchen gebacken, Geschenke gekauft und die Weihnachtstage werden gedanklich geplant: Wer kommt zu Besuch? Welche Geschenke besorge ich? Was gibt es zu essen?" Spätestens an diesem Punkt fängt für viele Menschen aber auch der Disstress an: Stress, der nicht guttut, der Energie und Nerven kostet, an.

Dr. Gal: „Wir sehen uns nach schönen, friedvollen, gemeinsamen Tagen mit Familie und Freunden. Für viele von uns sind die Tage, der Ausgleich für die vielen Alltagstage zuvor – und damit steigt die eigene Erwartungshaltung an ein perfektes Fest." Je mehr wir uns aber nach einer Idealvorstellung sehnen und sie wünschen, desto weniger wird dieser „Idealzustand" allerdings erreicht. Dr. Gal: „Sicher kennen Sie Situationen aus der Vergangenheit, in der sich die Wirklichkeit deutlich vom Wunsch unterschieden hat?" So ist es auch an Weihnachten: Verschiedene Studien zeigen, dass es gehäuft an Weihnachten zu Konflikten innerhalb von Familien kommt. Dr. Gal: „Dass Weihnachten ganz schnell zum Lauf über zu dünnes Eis geraten kann, ist uns bewusst – und das Wissen darum stresst noch mehr, denn es führt dazu, dass wir uns noch mehr Gedanken machen, noch mehr versuchen, alles – auch uns selbst – so perfekt wie möglich zu machen, damit dieses Weihnachten harmonisch für alle abläuft."

Aber: Gerade nach fast zwei Jahren Pandemie und Dauerbelastung kann es dann an Weihnachten richtig „krachen"? Was kann ich dagegen tun?

Dr. Gal: „Auf jeden Fall sich selbst bewusst machen, welche Themen in der Familie immer zu Streit führen können Politik, Familienstreitigkeiten, un- und geliebte Traditionen und momentan kommt es auch zu Streit zwischen Menschen, die für eine Covid-19-Impfung und Menschen, die dagegen sind." All diese Themen – und das könne gut vorab vereinbart werden – könnten an diesem Tag „ruhen", sprichwörtlich vor der Tür bleiben, so Chefarzt Dr. Gal. Falls hier keine Kompromisse zu finden seien, „kann man auch gemeinsam beschließen, in diesem Jahr getrennt zu feiern," so Dr. Gal. Eventuell lässt die sogenannte Weihnachtsruhe der niedersächsischen Landesregierung sowieso kein gemeinsames Fest in der „Normalbesetzung" zu.

Außerdem sei es wichtig, Dinge zu tun, die einem selbst wirklich Freude machen. Dr. Gal: „Ihnen graut davor, den Tannenbaum mit der ganzen Familie zu schmücken? Dann besprechen Sie mit Ihren Lieben, wer dies gern tut – und was die anderen in dieser Zeit oder an anderer Stelle gern dafür tun würden." Eine solche Aufteilung führe auch dazu, „dass Sie für sich selbst, aber auch für Ihre Familie und vielleicht sogar für Ihre Gäste, Freiraum schaffen können." Pausen seien, so Chefarzt Gal, sowieso sehr wichtig: „Bei aller Organisation: Planen Sie immer wieder Momente ein, in denen Sie sich auch zurückziehen oder einen Spaziergang machen können."

Sie feiern mit Kindern? Dr. Gal: „Bleiben Sie besonders in Patchworkfamilien flexibel. Stellen Sie die Bedürfnisse Ihrer Kinder in den Vordergrund. Aber: Bevor Sie ein misslungenes Weihnachtsfest „auf Zwang" gemeinsam feiern, ist es viel besser, wenn Ihre Kinder zweimal schöne Weihnachten feiern!"

Ja, wir wünschen uns oft, dass das Fest perfekt wird. Aber durch unsere „Erwachsenen-Brille" und unsere hohen Ansprüche, auch an uns selbst, ist das sehr schwer zu erreichen. Dr. Gal: „Erinnern Sie sich daran, wann Sie als Kind Ihr perfektes Weihnachten erlebt haben: Was war damals ausschlaggebend dafür? Und dann überlegen Sie, was Sie tun können, damit Ihre Kinder so ein Gefühl bekommen, bzw. was Ihnen heute wichtig ist, um Ihr glückliches Gefühl aus Ihrer Kindheit noch einmal in „erwachsener" Form zu erleben. Wenn Sie Ihren Fokus darauf legen, werden Sie merken, dass viele Dinge, die an Weihnachten eben doch ,schief' gehen können, bis beispielsweise zum missglückten Dessert, eigentlich gar nicht so schlimm sind." Das Heidekreis-Klinikum wünscht Ihnen entspannte, fröhliche und glückliche Weihnachten!

 

Foto: Dr. med. Florian Gal, Chefarzt der Psychiatrie und Psychotherapie ©Heidekreis-Klinikum

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